Kurze Atempause

Zusammenfassend:

(1) Goethes Werther: wir haben es mit einem jungen Mann zu tun, der keine feste Stelle im Büro will, der die Natur liebt, besser gesagt: der sich gern in der Natur aufhält, der sich in eine fest gebundene junge Frau verliebt, nicht aufgibt, bis er sich selbst erschießt.
Bekanntlich ist mindestens ein Selbstmord, für die katholische Kirche noch immer, eine schwere Sünde, etwas, worüber man nicht einmal spricht.

(2) Lenzens Hofmeister schwängert eine vierzehnjährige und als er dessen angeklagt und herausgeworfen wird, kastriert er sich, wozu ihm ein Bekannter gratuliert. Lenz betitelt das Stück als Komödie. „Groteske“ wäre ein besserer Name.

(3) Der Wild bei Klinger schreit ziemlich viel herum. Es geht um Lärm und Leidenschaft, aber auch um Zerrissenheit. Dass die Handlung ohne jede Plausibilität auskommt und konfus wirkt, das … will er auch im Titel festhalten: „Wirrwarr“.

Drei junge Autoren kümmern sich nicht um moralische und ästhetische Regeln, ja, sie rebellieren dagegen. Das Theaterpublikum soll schockiert werden.

Noch bis zur Aufklärung wäre so etwas ganz undenkbar gewesen. Noch in dieser Zeit erschienen Regelpoetiken, am bekanntesten die von Gottsched (1700-1766), in denen Regeln für das gute literarische Werk erklärt wurden. Unsere Stürmer akzeptieren so etwas nicht. Jeder soll sich seine Regeln selbst geben, wie es Shakespeare getan habe, der erst in dieser Zeit als Genie verehrt wird. Und das wollen auch sie sein: Genies.
Der große Künstler ist für sie nicht mehr der, der nach den Regeln der Kunst produziert (im Drama zum Beispiel die Einheiten der Zeit, des Raumes und der Handlung), sondern einer, der aus seiner genialen Eingebung heraus frei das Große schafft. Ein bisschen wie Gott ...

Aufgaben

1 Welches der drei bis jetzt besprochenen Werke würden Sie als Grundlage für eine Netflix-Serie verwenden oder warum nicht? (Drei Sätze) (10 Minuten)

2 Schauen Sie bitte nach .. oder schreiben Sie einfach in je einem Satz hin, wer Prometheus war und was Hybris ist! (5 Minuten)

3 Das Maifest von Goethe aus dem Jahre 1771 zählt zu den Manifesten des Sturm und Drang. Aber warum? (45 – 60 Minuten)
Lesen Sie das Gedicht und beantworten Sie folgende Fragen:
1 Wie wird die Natur beschrieben? Nennen Sie drei Charakteristiken!
2 Wo und wann geht es um Liebe? Wer liebt wen?
3 Was ist die Liebe für das lyrische Ich?
4 Suchen sie bitte Reimschema und, wenn Sie können, das Metrum.
5 Wie finden Sie das Gedicht? Also echt jetzt … und warum?

Bitte senden Sie mir Ihre Antworten bis Montag, den 30. März. Verzeihen Sie, wenn ich ein paar Tage zur Korrektur brauche. Wilde Zeiten.

Maifest

Zum Anhören

Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!

Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch,

Und Freud und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd, o Sonne!
O Glück, o Lust!

O Lieb, o Liebe!
So golden schön,
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höhn!

Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt.

O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb ich dich!
Wie blickt dein Auge!
Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe
Mit warmen Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud und Mut

Zu neuen Liedern
Und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst!

Mögliche Antworten
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